ich erwache mit schwerem schwindel, aber erstaunlich wenig schmerzen. habe ich gestern versehentlich eine überdosis an schmerzmitteln erwischt? trotz allem schaffe ich es aus dem bett und in die stadt, streichle auf dem weg durchs quartier ein junges, verspieltes und hingebungsvolles kätzchen, zeichne wie in alten zeiten menschen an der tramstation, während der fahrt und dann im café bei einem feinen frühstück
am tisch nebenan gackern zwei gut aufgedonnerte, mittelalterliche und mittelschwere damen über das leben anderer, deren operationen, dann nochmals eine reha, dass es eine entzündung geben kann, man selber schauen müsse ... ich liebe es, allein hier zu sitzen und mich von dieser wunderbaren stimmung unverbindlicher und dummer schnorrerei einlullen zu lassen. mit meiner erkrankung könnte gut ich gemeint sein, denn ich könnte leicht meine ganze zeit für behandlungen hergeben. eben gestern habe ich wieder ein angebot für bestrahlungen wegen der schmerzen abgelehnt. dafür sitze ich jetzt hier, mitten in diesem wundervollen leben, das ich für eine weile in vollen zügen geniesse
meine therapie ist das zeichnen, das malen unterwegs, krankheitsbedingt jetzt meist an unscheinbaren orten in meiner nächsten umgebung, etwa am strassenrand oder im gemeindegarten von albisrieden, in welchem ich unerwartet aus dem hintergrund leises gackern höre ... tatsächlich, auch hühner leben hier und scheinen sich zu freuen, wenn man ihre nähe sucht. ah, wie heilsam schon nur deren gegenwart ist