persönlich bin ich marisa leider nie begegnet. als ich kürzlich auf meiner herbstwanderung von camogli nach portovenere in chiavari durch die gassen der schönen altstadt bummelte, stiess ich wiederholt auf ein plakat mit zeichnungen von marisa. sie zogen mich magisch an. dann stand ich per zufall vor dem lokal, in ...
welchem eben diese zeichnungen ausgestellt wurden. es handelte sich um die atelierräume eines holzbildhauers, in denen neben seinen skulpturen an den wänden die beeindruckenden werke von marisa hingen. ich hatte keine ahnung, wer sie sein könnte, war einfach berührt von der schlichtheit und ausdruckskraft der zeichnungen, ebenso von den kompositionen: das waren einfach schnell hingeworfene und auf anhieb gelungene würfe. im gespräch mit der betreuerin der ausstellung erfuhr ich, dass marisa eine psychisch kranke frau ist von heute etwa 60 jahren, die ihr leben in psychistrischen institutionen verbracht hat, u. a. im mosaico, welches die ausstellung organisiert hat. marisa hat nie eine ausbildung als künstlerin erhalten. ihre zeichnungen entstehen spontan, aus grosser leidenschaft und freude an diesem medium. das stimmte mich nachdenklich und verfolgte mich in den nächsten tagen auf meiner tour
das erste bild auf dem plakat zeigt einen frauenkopf. es gefällt mir besonders, vielleicht weil ich selber viele portraits mache. auf einer meiner stationen zeichnete ich wie so häufig aus einem café quer über die strasse irgendeinen menschen in der nähe ...
links zuerst aus etwas distanz, danach zoomte ich sein gesicht in die nähe und versuchte den ausdruck zu erfassen. er ist nicht so geglückt, wie ich es wollte. später an einem anderen ort habe ich die zeichnungen nachbearbeitet, vor allem farbe hinzugefügt
ich wünschte mir, so spontan vorzugehen wie marisa. sie scheint - vielleicht gerade durch ihre beeinträchtigung - die lockerheit bewahrt zu haben, die kindern beim zeichnen eigen ist. ich nahm mir den kopf vor, den ich von ihr so bewundere, und kopierte ihn. das ging ganz schnell. das resultat findet sich ganz oben rechts. unmittelbar danach betrachtete ich nochmals kurz die zwei zeichnungen des älteren herren und fertigte mit schnellen strichen mit einem fineliner spontan eine dritte, einfache zeichnung von ihm an - sie findet sich ganz oben links. das resultat überraschte mich, besonders die stimmung, die grosse heiterkeit im gegensatz zur stimmung auf den zwei zeichnungen, die ich zuvor angefertigt hatte
auf einem spaziergang kurz danach entstand diese zeichnung ... die kirche wirkt wie oder zeigt auch ein gesicht!
marisa begleitete mich weiter in den folgenden tagen. wenn ich nach modell zeichnete, fragte ich mich, wie sie an meiner stelle vorgehen würde. dabei weiss ich noch nicht einmal, ob sie nach modell arbeitet, oder immer aus der vorstellung. allerdings ahne ich nach der ausstellung, dass sie doch manches mal nach der natur gearbeitet hat. die nächsten skizzen sind zeichnungen aus den folgenden tagen, in denen ich bei der arbeit immer auch etwas an marisa dachte
