sitze in einem ruhigen caffè am schatten mit blick auf diesen historischen dorfkern. bin erneut abgehauen aus der stadt mit ihrem traurigen totentanz, wo man sich derzeit wie schon im mittelalter mit masken ... gegen den pesthauch schützt. wieder einmal rafft der schwarze tod die hälfte der bevölkerung dahin, so gnadenlos wie früher, so gnadenlos wie novemberkälte fliegen killt. schade nur: die schnabelmasken von damals waren eleganter und wahrscheinlich wirksamer. stieg hinauf in die berge, wieder in ein seitental. so einsam wie im ersten war es allerdings hier nicht ...
... ausser im hintersten dorf des tals. den ausblick von der terrasse des cafés mit bäckerei genoss ich wohl zum letzten mal. das haus ist zum verkauf ausgeschrieben, das alte bäckerehepaar gibt auf; so sterben auch diese schönen orte allmählich und geraten immer mehr zu resorts
der weg? auch er schon gestorben, nur noch auf der landkarte existierend. keine spur mehr auf der wiese, der wilde wald zu dem er einst führte: verlockend, aber zugewachsen. was blieb mir? etwas oberhalb die einfalt des asphalts; sie war gerade verbreitert worden, roch nach frischem teer und war so öde, wie man es sich nur wünschen kann. damit wusste ich, worauf es hier ankommt, nicht auf den, der gerne verzichtet, am liebsten auch auf schuhe und dann barfuss durch wiesen streift
es ist ein tal des lichts, ein tal der kraftorte. so wird es vermarktet. ja, ich bin an plätze von spürbar hoher energetischer kraft gekommen. ebenso deutlich konnte ich spüren, wie viele dieser energiefelder durch den tourismus absterben, der - alles andere als bescheiden - so wunderbare dinge ins tal bringt wie teure elektronik, sperriges metall, kopfhörerisolation und ganze fitnessindustrien mit ihrer leistungsbesessenheit. dann bog ich um eine ecke, hinunter in einen stillen weg und naschte diesem entlang ein menge rotleuchtender, wilder erdbeeren, hochreif, verführerisch süss, ein traum von geschmack, den man nirgends kaufen kann
ein gewitter spült die atmosphäre wieder rein |
bei einem galgenhügel stand sogar zu lesen, dass er an energetischer kraft eingebüsst habe, der ort vermutlich gerade am regenerien sei. ich musste schmunzeln über dieses schöne ammenmärchen. wenn dort tatsächlich mal ein galgen bedient wurde, diente der ort schon früher eher der vernichtung von energie als ihrem aufbau
eines morgens erblickte ich am stammtisch einer ustria einen der alten des dorfs, mit beeindruckender ausstrahlung - eine, die ich in zürich seit jahren auf keinem gesicht mehr gesehen habe. wahrscheinlich war er über 80, jedoch wach, lebendig, nicht mal ein hörgerät in den ohren, lebhaft an einer unterhaltung beteiligt, und dauernd spielte ein lächeln auf seinem schönen gesicht ... er sah nicht nach epidemiesorgen aus, noch weniger nach sterben, vielmehr nach täglich voll gelebtem leben. noch bevor ich dazu kam, ihn zu zeichnen, brach er schon auf ... aber ich fand noch andere zufrieden wirkende modelle unter den einheimischen