figurative notizen VII - sekundenschnell und für die mülltonne




dieser wurf entstand in weniger als einer minute. wie macht man das? wenn ich unterwegs bin, halte ich derzeit fast ständig block (A6-A5) und stift in der hand und kritzle in allen nur denkbaren situationen ...
sekundenschnell etwas hinein; im bus, beim warten, in einem café. ich erwarte nicht einmal eine annäherung an gesehenes. es ist einerlei, was auf dem papier passiert, denn auf 100 versuche sind 98 für den abfall gedacht. block und stift waren selbst dafür vorgesehen gewesen. 98% abfalltaugliches war die maxime von karl lagerfeld, der diese woche verstorben ist. eine wohltuende maxime, denn mit der lernt man - und zwar schnell, nicht so wie in einer schulbank, wo mist zu produzieren einem ständig zum vorwurf gemacht wird. welche idiotie. mist zu produzieren ist doch lauterer spass, viel erfreulicher als auf ein smartphone rumzudrücken

übrigens braucht man noch nicht einmal einen block. die weissen rückseiten all der post tun es auch, die man unnötigerweise im briefkasten täglich findet. man schneidet sie im gewünschen format zu und befestigt sie mit einer klammer an einem kleinen, dicken karton (etwa A6), der als unterlage dient. ist ein blatt beschmiert, zieht man es weg und hat das nächste vor sich. für die schlechten blätter finden sich in einer stadt an jeder ecke mülltonnen zu hauf

obige skizze ist im sinne von lagerfeld tatsächlich die einzige von den vielen blättern des büchleins, die mich ganz überzeugt hat. und sie ist gerade eine folge dieses wilden herumkritzelns. durch die unbeschwertheit und das ständige - lustvolle - tun, das eben auch ein üben ist, entsteht mit der zeit ganz nehbenher können

die resultate, an denen ich gefallen finde, reisse ich aus dem block und klebe sie in einen schönen, dafür vorgesehenen block. für die folgende skizze standen mir den umständen entsprechend nicht mehr als wenige sekunden zur verfügung. mensch auf diese weise lernst du überdies sehen und beobachten

 


das folgende porträt ist etwas mehr ausgearbeitet. der stift ist wasservermalbar, was an der frisur zu sehen ist. zusätzlich habe ich mit dem finger etwas kaffee über die frisur gestrichen und so der komposition einen weiteren reizvollen farbton hinzugefügt




im bus hat mich die hand fasziniert, die sich an einer stange hielt. mit der habe ich also angefangen und mich dann dem arm entlang zum kopf vorgearbeitet, dann zum oberkörper. für den ganzen körper, wie man ihn im schulunterricht 'richtig' zeichnet, hätte das blatt nie gereicht. also habe ich beine und füsse enorm verkürzt und damit eine karikatur erstellt. hauptsache dabei ist, dass am ende die komposition stimmt - und sonst, wie gesagt: abfalleimer. die ganze zeichnung entstand zwischen drei stationen. allerdings habe ich die beiden folgenden zeichnungen aus dem bus zu hause mit aquarell nachbearbeitet. deshalb sind sie farbig

so nebenher und nur zum vergnügen rumkritzeln kann süchtig machen. im bus muss man aufpassen, noch an der richtigen station auszusteigen. und sonst ist auch egal: dann bringt man einfach noch mehr zeichnungen nach hause




in die letzte skizze habe ich einen ausschnitt eines italienischen busbilletts eingeklebt und damit einen weiteren farbakzent geschaffen