figurative notizen III - drei ansätze des bildaufbaus




meist zeichnen wir - genau so wie wir konkret denken - konkrete inhalte, beginnen irgendwo in der mitte auf einem leeren blatt mit linien und entfalten unseren gegenstand zu den blatträndern hin (1) ...

ganz anders bei dieser zeichnung: ich begann am rechten rand - schon dies ist in unserer kultur ungewöhnlich - und arbeitete mit einem dicken graphitstift das papier schattierend, einen fleck bildend, zur mitte hin (2). dabei liess ich die figur aus helligkeitsunterschieden entstehen. gelegentlich verwendete ich radiergummi zum aufhellen. die methode entdeckte ich neulich in faszination komposition von béatrice cron und karen betty tobias (s.u. literatur). diese technik lehrt einen anders sehen. wieder habe ich auf ein mit gesso grundierten blatt des griechischen übungsbuches von 1936 gezeichnet. die grundierung ergibt eine schöne struktur

eine dritte vorgehensweise ist, flecken im mittelfeld zu beginnen und von dort auszubreiten (3). im folgenden aquarell habe ich mit flecken - laubblätter - im bildzentrum begonnen, zum rand hin gearbeitet und später hintergrund und linien hinzugefügt




auf dieselbe weise sind die gestalten der präriebisons aus flecken in der bildmitte heraus entstanden




vorgehensweisen zwei und drei sind weniger gebräuchlich als die erste, vermutlich als folge unserer denk- und sehweise, die massgeblich unsere schulungen beeinflusst. jedenfalls stand der erste ansatz im zentrum meiner gesamten künstlerischen ausbildung. anders natürlich sieht es in der abstakten kunst aus

die obere der nachfolgenden zeichnungen ist eine typische, lineare zeichnung und aus dem blattzentrum heraus entstanden. die untere vereinigt alle drei ansätze. wie diese zeichnung sich entwickelt hat, war in jenem moment eine faszinierende entdeckung, denn ich kannte die unterscheidung der drei erwähnten vorgehensweisen noch nicht